Ein Schöpfbrunnen
Ein Schöpfbrunnen soll es sein, eben dieser auf dem Foto, ein Schöpfbrunnen als Leben spendendes Element des neu gestalteten Vorplatzes vor der Dorotheen – Kirche in Nortrup. Es ist ein handgearbeiteter Brunnen aus frostfestem Bentheimer Sandstein, ein Naturstein, in den Farbtönen gelb-beige. Sobald der Brunnen Wasser enthält, wird sich eine einheitliche grüne Patina bilden. Ein Schöpfbrunnen also – ich beobachte das ständig fließende Wasser, höre es plätschern, freue mich daran. An heißen Tagen trinke ich davon, erfrische meine Hände und mein Gesicht. Gießkannen werden damit gefüllt für die durstigen Pflanzen auf den Gräbern des Friedhofs rundherum. - Ich erinnere mich: Wasser aus einem Brunnen trank ich erstmalig auf einer Wanderung im Schwarzwald in den Sommerferien. Wenn mein Cousin nicht als erster getrunken hätte, - „…das Wasser kannst du unbedenklich trinken, reines Wasser aus einer Bergquelle!“ – hätte ich mich nicht getraut zu trinken. Das Wasser schmeckte „göttlich“, war eiskalt und belebte mich auf wunderbare Weise.
Das Wasser aus unserem Schöpfbrunnen stammt aus der Wasserleitung, wird hoch gepumpt und durch ein ausgeklügeltes System umgewälzt. Also, keine Wasserverschwendung, aber auch kein fließendes Quellwasser. Hinweis auf die Kostbarkeit des Wassers und die Bedeutsamkeit eines Brunnens. Manch eine weiß noch zu berichten, wie das ganze Dorfleben sich rund um den Brunnen abspielte. Vom Brunnen holte man sich das Wasser zum Kochen und Trinken, hier wurde gewaschen, und hier wurden die Kühe getränkt. Manch ein Wort wurde gewechselt beim Brunnen, hier sang („Am Brunnen vor dem Tore“) und hier stritt man: der Brunnen war ein Mittelpunkt des Lebens.
Der Schöpfbrunnen erinnert daran, wie das gewesen sein mag, als vom Brunnen das Leben ausging. „Brunnengeschichten“ und Märchen wie „Der Froschkönig“ und „Frau Holle“ erzählen davon. Eine biblische Brunnengeschichte geht so: Am Jakobsbrunnen sitzt Jesus mit einer Frau aus Samarien, der Samariterin. Sie führen ein eigenartiges Gespräch. Vom lebendigen Wasser ist die Rede, das einen Durst stillt bis in alle Ewigkeit. Die Samariterin spürt: der eigentliche Brunnen, nach dem sie sich immer gesehnt hat, ist nicht der Jakobsbrunnen. Gottes Liebe ist es. Von Jesus kommt sie ihr entgegen und belebt sie auf wunderbare Weise neu.
Jesus sitzt nicht mehr beim Jakobsbrunnen, aber das lebendige Wasser lässt sich finden. Es muss ein schöner Ort sein, wo es sprudelt und Menschen sich darum versammeln. Sie trinken und reden und singen, bisweilen streiten sie auch. Die Kirche – sie könnte ein solcher Ort sein, ein solcher Brunnen. Unser Schöpfbrunnen weist darauf hin.