
Sommerzeit ist Reisezeit. Die Zeitungsredaktionen versuchen, das gefürchtete Sommerloch mit Reisegeschichten zu füllen. Auf Reisen wollen Menschen ausspannen. Sie genießen die Wärme der Sonne, die Frische des Wassers, die majestätischen Berge oder die Weite des Meeres. Sie wollen Abstand nehmen von dem, was den Alltag manchmal so mühsam macht.
Vor Beginn einer Reise nehmen wir Abschied von den Menschen, die zurückbleiben. In früheren Jahrhunderten haben die Menschen sich vor Beginn einer Reise unter Gottes Segen gestellt. Bei den heutigen Reisevorbereitungen stehen andere Dinge im Vordergrund. Man liest die aktuellen Staumeldungen. Man vergewissert sich, ob man an alles gedacht hat. Man kontrolliert, ob die EC-Karte, das Smartphone, der ADAC-Schutzbrief, der Personalausweis, der Führerschein und andere wichtige Dokumente im Koffer liegen. In der Hektik des Aufbruchs bleibt oft keine Zeit, um an Gott zu denken. In der Bibel werden viele Reisegeschichten erzählt. Meine Lieblingsgeschichte steht im 1. Buch Mose, Kapitel 24: Abraham hatte seinem treuesten Knecht aufgetragen, eine Frau für seinen Sohn Isaak zu suchen, allerdings nicht dort, wo er jetzt lebte, in Kanaan, sondern dort, wo er einst lebte, bei Abrahams Verwandtschaft im fernen Mesopotamien. So machte sich der Knecht auf die Reise. Rebekka wurde als Braut für Isaak gefunden. Rebekka willigte ein. Der Aufbruch nahte. Für Rebekka und ihre Familie kam die Zeit des Abschiednehmens. Besonders ihrer Mutter und ihrem Bruder fiel es sehr schwer, Rebekka loszulassen. Sie hatten Rebekka sehr lieb und baten um Aufschub: "Ach, lasst uns doch noch ein paar Tage zusammen sein." Docht der Knecht sagt kurz und bündig: „Halte mich nicht auf, denn der Herr hat Gnade zu meiner Reise gegeben.“ Abschiede wecken zwiespältige Gefühle. Mancher Abschied fällt besonders schwer. Doch Reisende lassen sich nicht aufhalten. Reisen müssen sein. Sie verändern unseren Blick auf die Dinge. Obwohl die Verkehrsmittel damals andere waren, sind die Reisegeschichten der Bibel von bleibender Aktualität. Sie beleuchten die die großen Gefühle des Lebens. Angst und Sorge, Trauer und Glück, Liebe und Hass erlebten die Menschen der Bibel und erleben wir heute auf den Reisen unseres Lebens.
Pastor Wolfgang Thon-Breuker, Quakenbrück