
Er wolle nicht für das Reisevergnügen der Pastoren spenden. So frech äußerte sich vor rund 16 Jahren jemand, als die Kollekte des Gottesdienstes für die Finanzierung einer neu eingerichteten Partnerschaft mit einer ungarischen Kirchengemeinde erbeten wurde. Ungezogen war das deshalb, weil die Kollekte nicht dem Budget bloß der Pastoren, sondern aller Reiseteilnehmer zugeführt werden sollte – was der Kritiker natürlich wusste.
Darf man die Reiselust von Christen in einem gesättigten Land unterstützen? Es sollte schnell Einigkeit erzielt werden können, dass es nicht um Tourismus geht, wenn Partnerschaftsbegegnungen stattfinden und bezuschusst werden. Es geht da um persönlichen Austausch auf dem Boden des gemeinsamen Glaubens. Wie die Mitchristen leben, denken und fühlen, lässt sich nur in zwischenmenschlicher Begegnung erfahren.
Dass man dabei auch einen Anteil Reisefreude erhält, muss ja nicht bestritten werden. Aber im Vordergrund solcher Begegnungen steht nicht die Besichtigung von Burgen, Museen und anderen touristischen Attraktionen, sondern das Kennenlernen von Gemeinden und Mitchristen in ihrem Alltag.
In dieser Woche befindet sich eine Delegation unseres Kirchenkreises im Partnerkirchenkreis Viljandi in Estland. Teil der Begegnung wird der Gottesdienst der Gemeinde Moissaküla an der Grenze zu Lettland sein. In ihm wird die Predigt von deutscher Seite gehalten und abschnittweise auch in der estnischen Sprache verlesen. Gemeinsames Feiern des Gottesdienstes und Gespräche über den Glauben an Christus gehören zu derartigen Besuchen einfach dazu. Dafür lohnt es sich auch, Geld zu spenden, damit die Reisen erschwinglich bleiben. Im Übrigen hätte auch jener unverfrorene Kritiker mitreisen können, wenn er denn gewollt und die ansonsten immer noch ganz gute Eigenbeteiligung nur bezahlt hätte. Auf jeden Fall hätte ihm in den Sinn kommen können, dass es zu den Wesensmerkmalen des christlichen Glaubens gehört, den Mitchristen in ihrer jeweiligen Lage persönlich begegnen zu wollen. So hat es bereits der Apostel Paulus formuliert. Den ihm unbekannten Christen in Rom wollte er als Heidenapostel persönlich begegnen, um sich mit ihnen über den gemeinsamen Glauben auszutauschen. Wo es diesen Wunsch gar nicht gibt, da besteht eine ernste Anfrage an die Qualität des christlichen Glaubens, den jemand zu haben behauptet.
Pfarrer Andreas Siemens, Engter